Sonnenenergie vom Acker

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Sonnenenergie vom Acker

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Die anstehende Energiewende braucht gerade in Baden-Württemberg viel mehr Flächen für die Photovoltaik (PV), um das angestrebte Maß erneuerbarer Energien zu erreichen. Wären alle geeigneten Dächer mit Solarmodulen ausgestattet, könnte damit schon der Großteil unseres Strombedarfs gedeckt werden. Leider verläuft der Ausbau, auch wegen geänderter Förderbedingungen, eher schleppend. Ohne weitere, großflächige Solarparks in der Landschaft werden die gefassten Klimaziele daher kaum machbar sein. Sollen wir also unsere ohnehin knappen Flächen für die Nahrungsproduktion auch noch mit Solarmodulen pflastern? Hier sind kreative Ideen gefragt. Eine Kombination der solaren Stromernte – etwa mit angepassten Landwirtschaftsformen oder Ökologie und Artenschutz – mindert den Flächendruck und kann Landwirt*innen zudem bessere Erträge bescheren.

Tief hängenden Wolken spiegeln sich in den Modulen des Solarparks in der welligen Landschaft der Kuppenalb. Seit 2017 liefert die PV-Anlage im Süden der Ortschaft Bühlenhausen auf der Schwäbischen Alb klimafreundlichen Strom für rund 850 Haushalte. Mit einer Leistung von 2,7 Megawatt (MWp) zählt sie eher zu den kleineren im Lande. Die ehemalige Mülldeponie der Gemeinde Berghülen gilt als „Konversionsfläche“ mit geringer Bedeutung für die Landwirtschaft und wird deshalb zur Energiegewinnung staatlich gefördert. Seit dem Solarboom in den Jahren nach 2010 sind auch solche Flächen knapp. Entsprechend fokussiert war die EnBW auf diesen Standort, als die Planung 2015 konkret wurde. Fünf Hektar wollte der Energieversorger ursprünglich für den Solarpark nutzen, drei sind es schließlich geworden. 

Ökologische Aufwertung

Um solche Projekte im verträglichen Rahmen zu halten, engagieren sich Menschen wie der Berghülener BUND-Vorsitzende Konrad Schwarzenbolz. Als gebürtiger Bühlenhauser – schon sein Großvater war Bürgermeister – erinnert er sich noch, wie er hier früher mit seinem Vater Heu geerntet hat, bevor das einstige Trockental ab den 1960ern mit Abfällen aufgefüllt wurde. „Unserem Bestreben, den Solarpark so naturgerecht wie möglich zu gestalten, war die EnBW durchaus aufgeschlossen“, erinnert er sich an den Anfang des Solarprojekts. „Allein dass die zuletzt als Acker genutzte Fläche in Grünland umgewandelt wird, wertet sie schon soweit ökologisch auf, das ein Flächen-Ausgleich nicht mehr erforderlich ist“ – ein deutliches Zeichen für unsere industrielle Landwirtschaft. Dennoch wurden weitere Artenschutzmaßnahmen umgesetzt.

Rund 1.100 Hektar werden in Baden-Württemberg aktuell für Freiflächen-Solarparks genutzt, der größte Anteil davon auf Konversionsflächen, die zuvor gewerbliche, militärische oder andere Zwecke erfüllten und nicht in unmittelbarer Konkurrenz zum landwirtschaftlichen Anbau stehen. Seit 2017 sind auch sogenannte „benachteiligte Gebiete“ auf Landwirtschaftsflächen für die Solarenergie nutzbar. Dem gegenüber werden auf etwa 100.000 Hektar Ackerfläche im Land Energiepflanzen, vorwiegend Mais, für die Gewinnung von Biogas angebaut. Bei heutigem Stand der Technik (wie in Bühlenhausen) kann man mit einer Energieausbeute von ca. 900.000 Kilowattstunden pro Hektar PV-Fläche rechnen. Ein vergleichbarer Energieertrag aus Biogas erfordert die rund 30-fache Fläche. Dafür unterliegt das Biogas nicht den Schwankungen der Solarenergie. An einer weiteren Steigerung des Solarertrags – wie auch den Speichertechniken – wird allerdings kontinuierlich gearbeitet. 

Da die Böden in Solarparks meistens extensiv bewirtschaftet und die Anlagen durch Zäune geschützt werden, gewinnt auch die Natur. Eine Belastung durch Düngemittel und Agrargifte fällt weg. In Bühlenhausen dient die Fläche als Schafweide. „Wir haben festgestellt, dass speziell Kamerunschafe ideal zur Pflege der Wiesen in der Anlage sind,“ berichtet Schwarzenbolz. Die kleinen, wendigen Tiere eignen sich als natürliche Rasenmäher und passen mühelos unter den Solarmodulen durch. „So bleiben die Flächen frei und bieten auch Lebensräume für seltene Arten wie wiesenbrütende Vögel.“ Durch die frühzeitige Beteiligung des örtlichen BUND und Nabu konnten ökologisch wertvolle Bereiche, etwa eine Streuwiese und Feldhecken am Rand der Anlage bewahrt werden. In den umliegenden Bäumen wurden Fledermauskästen aufgehängt, der Solarpark selbst durch Nistkästen, Insektenhotels und Steinhäufen für Eidechsen aufgewertet. Der höher gesetzte Zaun bietet Hasen, Rebhühnern und anderen Feldbewohnern Durchschlupf.

Der Bühlenhauser Solarpark duckt sich am Ortsrand in eine kleine Senke, so dass er in der Landschaft kaum auffällt. Dass sich erneuerbare Energien gut in unsere Kulturlandschaft einfügen lassen, ist Konrad Schwarzenbolz überzeugt. 30 Jahre saß er für die Grünen im Gemeinderat und setzt sich mit dem BUND seit Jahrzenten für einen umweltverträglichen Ausbau ein. Berghülen gilt inzwischen als „gutes Pflaster“ für die Erneuerbaren. Die Gemeinde erzeugt – auch dank eines Windparks – dreimal mehr Strom als sie verbraucht. Die lokale Bürger-Energiegenossenschaft ist mit 5 % am Solarpark beteiligt. So bleibt ein Teil des Gewinns direkt im Ort. Und das finden auch die Bewohner gut.

Thomas Dombeck


Handlungsleitfaden Freiflächensolaranlagen, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, Stuttgart 2019. Erhältlich unter: um.baden-wuerttemberg.de