Jeder muss tun, was er kann.

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Jeder muss tun, was er kann.

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Endlich Frühling. Winter ade. Während man am 2. Mai auf dem Münsterplatz die Sonne genießen konnte, wurde bei der Stadthausveranstaltung des Ulmer Initiativkreises nachhaltige Wirtschaftsentwicklung (unw) über die Wärmeversorgung der kommenden Jahre diskutiert. 

„Wie heizt Ulm?“ So lautete der Titel der diesjährigen Stadthausveranstaltung des unw, der damit ein fürwahr heißes Thema aufs Podium brachte, das vielen unter den Nägeln brennt. Die Sitzreihen waren voll besetzt.

Spätestens seit dem Überfall von Russland auf die Ukraine und der dadurch drohenden Gasnotlage ist das Thema, wie wir zukünftig unsere Wohnungen und Gebäude heizen wollen, auf der Tagesordnung. Aktuell diskutiert die Bundesregierung über ein Verbot von Öl- und Gasheizungen. Der Einbau der klimaschädlichen Heizungen soll bereits ab 2024 verboten werden. Von dem Zeitpunkt an sollen nur noch Heizsysteme verbaut werden, die Wärme aus „mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien“ erzeugen.

Wie kann das erreicht werden? Ist die Wärmepumpe im Altbau überhaupt sinnvoll? Ist nicht zuvor eine sehr teure Sanierung notwendig? Könnte eine Pelletheizung eine Alternative sein, und wie ökologisch ist die Fernwärme in Ulm? Das waren die Fragen des Abends. 

Oberbürgermeister Gunter Czisch fordert in seinem Grußwort dann auch Offenheit gegenüber neuen Innovationen: „Um den Klimaschutz zu schaffen, müssen wir unsere Gewohnheiten verändern“. Und auch im Hinblick auf die Dämmung älterer Gebäude, die Hausbesitzer auch im hohen Alter sehr hohe Kosten aufbürden, meinte das Stadtoberhaupt: „Alle Veränderungen in der Stadtgesellschaft müssen realistisch machbar sein.“ 

Viel Sand im Getriebe

Auch der unw Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Martin Müller weiß, dass das Thema polarisiert und starke Emotionen hervorruft: „Da ist viel Sand im Getriebe.“ Für Moderator Dr. Volker Kienzlen, Geschäftsführer der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH ist klar: „Eigentum verpflichtet.“ Jeder müsse Verantwortung in einer Gesellschaft übernehmen und seinen Beitrag leisten. So stehe es im Grundgesetz. 

Dass die Wärmewende mit vielen Verboten einhergehe ist für Roland Mäckle von der Regionale Energieagentur Ulm gGmbH „auch für Experten ein harter Brocken“. Sie habe jedoch viele Facetten und sie werde stattfinden: „Jetzt geht es vorrangig darum, die Wärmelast zu senken.“ Nur auf den Einbau von Wärmepumpen zu setzen, auf die man derzeit etwa ein Jahr warten müsse, sei jedoch zu kurz gesprungen: „Hier ist viel Aufklärung nötig, doch die Menschen sind offen.“ 

Für die Zukunft setzt Ulrich Willmann von der Stadt Ulm auf den weiteren Ausbau des Fernwärmenetzes, um fossile Brennstoffe zu ersetzen. Dies sei Bestandteil eines kommunalen Wärmeplans, der im Sommer im Umweltausschuss vorgestellt wird. Zudem entwickle die Stadt derzeit mit dem Denkmalschutz ein Gestaltungsgesetz, damit nun auch bald in der Innenstadt PV-Anlagen installiert werden können. 

Klaus Eder, Geschäftsführer der SWU Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm GmbH, fordert auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung eine ideologiefreie Diskussion: „Wir müssen die notwendige Infrastruktur vorausschauend und nicht planlos ausbauen. Und das jetzt.“

Warten auf den Wasserstoff

Das Thema Wasserstoff spielt für Prof. Dr. Markus Hölzle vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in absehbarer Zeit keine Rolle – zumindest bei der Wärmeversorgung von privaten Haushalten: „Importierter Wasserstoff wird in Ulm frühestens 2035 verfügbar sein.“ Für Norbert Unterharnscheidt, Inhaber der e.systeme21 GmbH, hat der Paradigmenwechsel bereits begonnen. Es gehe um die Frage, wie man überschüssige im Sommer erzeugte Energie in den Winter retten könne: „Mit einem gemeinsamen Geist können wir die ambitionierten Ziele erreichen. Aber wir müssen unsere Gewohnheiten ändern.“ Für Dr. Volker Kienzlen ist klar, dass es die eine Lösung bei der Wärmewende nicht geben könne. Welche Technologie auch immer zum Zuge komme: „Ohne die Verbesserungen der Gebäudehüllen wird es nicht gehen. Da müssen wir ran.“

Und so lautete der Tenor des Abends. Um das höchst ambitionierte Ziel der Bundesregierung – Klimaneutralität bis 2040 – zu erreichen, müssen alle in einer Stadtgesellschaft an einem Strang ziehen – und damit auch jeder einzelne Bürger und jede einzelne Bürgerin. Dr. Markus Hölzle: „Jeder muss tun, was er kann.“ 

Stefan Loeffler