Wird Heizen zum teuren Luxus?

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Wird Heizen zum teuren Luxus?

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Eine berechtigte Frage bei der Flut an neuen Regeln und Gesetzen, die uns die Wärmewende bringen sollen. Viele Wohnungseigentümer:innen sind verunsichert und manche überlegen, noch schnell eine Gasheizung einzubauen, um die neuen Bestimmungen zu umgehen. Keine gute Idee angesichts der Erwartung, dass fossile Energien in den nächsten Jahren stetig teurer werden. Eine Investition für 30 und mehr Jahre will gut geplant und auf das jeweilige Gebäude zugeschnitten sein, damit sich die Kosten im Rahmen halten und das Klima nicht auf der Strecke bleibt. Für laufende Heizungsanlagen gilt weiterhin Bestandsschutz.

Zur Zeit wird der Entwurf der Bundesregierung zum neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) sehr emotional diskutiert. Unerwartet kam dies allerdings nicht. Bereits im Koalitionsvertrag von 2021 wurden die Ziele formuliert und im vergangenen Jahr terminiert: Alle ab 2024 neu eingebauten Heizungen sollen mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen.

So ambitioniert das Vorhaben klingt, der Hype vieler Medien um das neue GEG ist so unnötig wie populistisch. Weder müssen Eigenheimbesitzer:innen nun ihre laufenden Brennwertkessel herausreißen, noch droht die Insolvenz wegen der Anschaffung einer teuren Wärmepumpe. Auch die Art und Weise, wie man das 65 Prozent-Ziel bei der nächsten fälligen Heizungsanlage erreicht, ist Hausbesitzer:innen freigestellt. Technologieoffenheit ist beabsichtigt. Denn innerhalb kürzester Zeit alle Heizungen zu elektrifizieren, wäre weder machbar noch nachhaltig.

Alternativen zu Öl- und Gasheizungen sind neben Wärmepumpen beispielsweise die Solarthermie, Holz- und Pelletheizungen, Infrarotheizungen, Erdwärme, ein Anschluss ans Fernwärmenetz oder ein Hybridsystem aus verschiedenen Komponenten. Die Möglichkeiten sind vielfältig und lassen sich den Gegebenheiten vor Ort anpassen. Heizen mit Wasserstoff ist unter heutigen Bedingungen allerdings purer Unsinn. Den sollten wir uns für Wichtigeres aufsparen. 

Zu Panikreaktionen gibt es also keinen Anlass. Die Ampel-Koalition betont, dass die Wärmewende so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden soll. Alle laufenden Heizungen stehen unter Bestandsschutz und dürfen unbefristet weiter betrieben werden. Sind sie kaputt, können sie repariert werden. Eine Altersgrenze von 30 Jahren besteht im Moment nur für Ölheizungen. Eigentümer:innen über 80 Jahre sind von der Austauschpflicht befreit, wenn sie selbst im Haus wohnen. Der Heizungstausch soll mit 30 Prozent der Kosten staatlich gefördert werden, wer schon im nächsten Jahr umbaut, erhält zusätzliche Fördermittel. Bis zum Jahr 2045 soll die Umstellung auf erneuerbare Energien dann vollständig erfolgt sein. 

Wärmepumpe
Eine Wärmepumpe nimmt die Wärme der Umwelt auf und verstärkt diese durch das Aufpumpen des Austauschmittels in einem Kompressor. Sie arbeitet umso effizienter, je wärmer das benutzte Umweltmedium (Luft / Wasser / Boden) im Winter bleibt und je größer die Austauschflächen sind. Flächenheizungen (z.B. Fußboden) sind daher am besten geeignet. Marktübliche Luft-Wärmepumpen benötigen für die erforderliche Wärmeleistung (in kWh) etwa ein Drittel an elektrischer Energie, bei den leistungsfähigeren Grundwasser-Wärmepumpen soll es deutlich weniger sein. Dieser Quotient wird als Jahresarbeitszahl (JAZ) bezeichnet. Der Preis unterscheidet sich nach Art der Anlage und beginnt bei etwa 25.000 €. Natürlich muss man in die Rechnung einbeziehen, dass Wärmepumpen permanent Strom verbrauchen. Gut dran ist, wer den Strom durch eine Solaranlage selbst erzeugt und dann praktisch kostenlos heizt.

Solarthermie
Im Gegensatz zur Photovoltaik wird bei der Solarthermie kein Strom erzeugt, sondern die Strahlung der Sonne direkt in Wärme umgewandelt. Dies geschieht am effizientesten in leistungsfähigen Vakuum-Röhrenkollektoren, die bei jedem Einstrahlungswinkel funktionieren und kaum Wärme nach außen abgeben. Pro Jahr und Quadratmeter Kollektorfläche auf dem Dach lassen sich bis zu 650 Kilowattstunden Wärmeenergie ernten. Rund die Hälfte der benötigten Heizenergie kann so durch Solarthermie gedeckt werden. Verwendet man zusätzlich einen großen Wärmespeicher, lässt sich ein energieeffizientes Haus auch komplett solar heizen. Auf jeden Fall kann der Heizkessel im Sommer abgeschaltet bleiben. Mit einer vergleichsweise geringen Investition von 5.000 bis 10.000 € eine lohnende Anschaffung, denn die Sonne scheint ja umsonst. Vielen laufende Heizungen lassen sich solar nachrüsten. Ist eine neue Heizung fällig, sollte Solarenergie Standard sein.

Pelletheizung
Heizen mit Pellets aus Holz bzw. nachwachsenden Rohstoffen ist weiterhin eine Option. Da Pellets überwiegend aus Abfallholz bestehen, müssen dafür keine Bäume abgeholzt werden. Die Technologie ist ausgereift und belastet die Luft nur noch wenig mit Staub und Schadstoffen, anders als z.B. Kaminöfen mit Scheitholz. Die Kosten für Pellet-Heizkessel sind mit denen für Gasheizungen vergleichbar. Natürlich entsteht bei der Verbrennung auch CO2, im Vergleich mit Erdgas insgesamt allerdings nur rund ein Zehntel, da u.a. auch weite Transportwege und Infrastrukturen wegfallen. 

Die Diskussion, ob Heizen mit Holz klimaneutral ist oder nicht, schwelt schon lange. Aktuell werden Pellets von der EU wieder als klimafreundliche Technologie bewertet und auch die neue GEG-Vorlage lässt Pelletheizungen weiterhin zu, wenn sie durch Solarenergie ergänzt werden. Denn durch solare Warmwassererzeugung im Sommer lassen sich wertvolle Rohstoffe einsparen.

H2-ready
Der aktuelle Modebegriff „H2-ready“ erweckt den Eindruck einer zukunftsorientierten Technologie. Neue Gasheizungen sollen weiter zugelassen werden, wenn sie den Stempel „H2-ready“ erhalten. Ein Ausweg aus der Kostenfalle – oder ein Argument für Energiewende-Muffel? Ob und wann in den Gasnetzen Wasserstoff zum Einsatz kommt, ist derzeit mehr als vage. Nur maximal 15 Prozent H2-Beimischung zum Gas wären überhaupt möglich. Experten rechnen mit einer flächendeckenden Wasserstoff-Versorgung nicht vor 2040. Auch dann wird der Großteil importiert werden. Die Kosten für den künftig grünen H2 sind pure Spekulation angesichts des hohen Bedarfs der Industrie und des Transportsektors, zum Verheizen aber sicher zu teuer.

Hydraulischer Abgleich
Da das Warmwasser im Heizungssystem den Weg des geringsten Widerstands geht, sind Heizkörper in der Nähe der Wärmequelle oft zu heiß, während weit entfernte zu wenig heißes Wasser abbekommen. Beim hydraulischen Abgleich ermitteln Experten den Wärmebedarf der einzelnen Räume und justieren die Heizventile und Pumpen entsprechend nach. Je nach Gebäude kann so mit geringem finanziellen Aufwand (ca. 1.000 Euro für ein Einfamilienhaus) eine Energieersparnis von bis zu 15 Prozent erreicht werden. Darüber hinaus lohnt sich oft ein Tausch der Heizungspumpe, um weitere Prozente einzusparen. Der Hydraulische Abgleich wird über das Programm „Bundesförderung für effiziente Gebäude“, kurz BEG mit 15 Prozent der Kosten bezuschusst.

Fernwärme
Wer im Bereich eines Fernwärmenetzes wohnt, ist gut beraten, dieses auch zu nutzen. Die Installation ist mit 5.000 bis 10.000 € günstig, die Heizkosten für eine 70 m2-Wohnung bewegen sich durchschnittlich zwischen 700 und 1.500 € im Jahr, was u.a. vom verwendeten Brennstoff abhängt. Fernwärme-Kunden sparen sich nicht nur den Öl- und Gaspreis-Poker, sie geben auch alle Entscheidungen an den Versorger ab, der sich um die Einhaltung von Gesetzen und die Erschließung neuer Energieträger kümmert. Die Wärmeerzeugung an einem oder wenigen zentralen Orten ist effizienter als viele einzelne Heizungsanlagen. 

Die Ulmer FUG nutzt derzeit überwiegend Biomasse und Müllverbrennung zur Energiegewinnung. In Planung ist ein großer Wärmespeicher, um die Versorgung weiter optimieren zu können. Daneben werden klimaneutrale Wärmequellen wie ein zentrales Solarkraftwerk, Geothermie oder die Abwärme von Industrieanlagen untersucht. Bereits ein Drittel der Haushalte im Ulmer Stadtgebiet wird durch überwiegend klimafreundliche Fernwärme versorgt. Der weitere Ausbau erfolgt entlang von Entwicklungsachsen. Für Ortsteile, die keinen Zugang zur Fernwärme haben, kommen auch lokale Wärmenetze in Frage.

Thomas Dombeck


www.regionale-energieagentur-ulm.de
Hier erhalten Sie eine kostenlose, unabhängige Erstberatung und Empfehlungen für individuelle Energieberatung durch Experten. Die meisten Leistungen werden staatlich gefördert.

www.energiewechsel.de
Portal des Bundeswirtschaftsministeriums mit aktuellsten Infos zum neuen Gesetz und den Förderprogrammen des Bundes.